Weil ich zumindest will, dass der von mir Beschuldigte einen Brief bekommt, in dem er über sein -- ihm vorgeworfenes -- Fehlverhalten aufgeklärt wird, lege ich eine Beschwerde gegen den Bescheid ein. Meine Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens zu meiner Strafanzeige:
Ich lege Beschwerde gegen den Bescheid ein, dass das Ermittlungsverfahren gegen ----------------------- in Darmstadt wegen des Verdachts auf Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung beim Vorfall vom 2. April 2007 eingestellt wird. Ich sehe zwar ein, dass mit einer Verurteilung des Beschuldigten nicht zu rechnen ist, weil Aussage gegen Aussage steht, jedoch muss ich die Belehrung von Oberamtsanwalt Hampe zurückweisen. Da ich zwei Anzeigen wegen Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung, denen ich als Fahrradfahrer ausgesetzt war, gegen Autofahrer innerhalb etwa eines Jahres erstattete, meint Oberamtsanwalt Hampe mich »ganz offensichtlich« als Verkehrsrowdy einschätzen zu können. Aus meiner Sicht zeigt diese sehr zurückhaltende Anzeigepraxis hingegen »überdeutlich«, dass ich die Polizei und die Staatsanwaltschaft rücksichtsvoll schone und nur in wirklich extremen Ausnahmefällen, wenn bei dem Täter von einer erheblichen Gefahr für die Allgemeinheit auszugehen ist, eine Anzeige erstatte.
Oberamtsanwalt Hampe ermahnt mich, »endlich zur Kenntnis [zu] nehmen«, dass ich als Radfahrer »nichts auf der Fahrbahn zu suchen« hätte, wenn sich -- wie im vorliegendem Fall -- ein deutlich erkennbarer, gut ausgebauter Radweg an der entsprechenden Örtlichkeit befände. Dieser herablassenden Belehrung widerspreche ich doppelt.
- Erstens ist diese Rechtsauskunft falsch. Oberamtsanwalt Hampe ist offensichtlich für diesen Fall nicht ausreichend qualifiziert, kennt er doch noch nicht mal den grundlegenden Regelungsgehalt der StVO. § 2 Abs. 1 StVO besagt, dass Fahrzeuge die Fahrbahn benutzen müssen. § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO stellt eine Ausnahmeregelung für Radfahrer dar. Diese Ausnahme betrifft nur Radwege, die in der jeweilige Fahrtrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 gekennzeichnet sind. Außerdem müssen sie im konkreten Fall natürlich benutzbar und zumutbar sein. Ansonsten gilt auch für Radfahrer wieder § 2 Abs. 1 StVO. Ebenso brauchen Radfahrer keine »benutzungspflichtigen« Radwege zu benutzen, wenn sie nicht dorthin führen, wohin der Radfahrer hin möchte -- etwa wenn der Radfahrer demnächst links abbiegen möchte.
- Zweitens befindet sich sowohl an der ersten Örtlichkeit im aktuellen Fall aus April 2007\footnote{Pützerstraße in Darmstadt in Richtung Süden ab der Einmündung der Erbacher Straße} als auch an der Örtlichkeit im abgeschlossenem Fall aus Juni 2006\footnote{Alexanderstraße in Darmstadt Richtung Schloss} kein benutzungspflichtiger Radweg oder Radfahrstreifen. An letztgenannter Örtlichkeit befindet sich inzwischen eine Sperre über dem ehemaligen Radfahrstreifen mit dem Hinweisschild, die Radfahrer möchten bitte die Fahrbahn benutzen, weil sie ansonsten -- nicht zuletzt wegen des aggressiven Revierverhaltens seitens der Autofahrer -- sich und andere gefährdet hatten, indem sie auch nach Aufhebung der Benutzungspflicht weiterhin auf dem Randstreifen gefahren sind und damit zu nah an den parkenden Autos vorbeigefahren sind. Die zweite Örtlichkeit im aktuellen Fall\footnote{Teichhausstraße in Darmstadt in Richtung Süden} weist zwar mit den Zeichen 295 und Zeichen 237 einen Radfahrstreifen aus, jedoch ist es auf ihm nicht möglich, von den dort parkenden Autos mindestens einen Meter Abstand zu halten, um jegliche Gefährdung durch öffnende Türen ausschließen, wie es vom Bundesministerium für Verkehr empfohlen wird \footnote{Radfahrer, die in eine sich öffnende Autotür fahren, können eine Mitschuld angerechnet bekommen, schließlich hätten sie ja ausreichend Seitenabstand halten können (KG, VersR 1972, 1143; OLG Karlsruhe, VersR 1979, 62).} Somit ist dieser Radfahrstreifen unbenutzbar.
Deswegen fuhr ich in allen genannten Fällen dort, wo jeder Fahrradfahrer in solchen Situationen fahren sollte: in der Mitte meiner (normalbreiten) Fahrspur.\footnote{Laut § 2 Abs. 2 StVO ist \emph{möglichst} weit rechts zu fahren. Es gibt jedoch in der Rechtsordnung kein starres Maß für jeden Radverkehr. Auf einer einfachen Straße ohne Gehweg und Parkplätzen an der Seite und ohne Hindernisse wird für Fahrradfahrer ein Abstand von 80 cm zum Fahrbahnrand oft als zulässig angesehen. Bei einem Gehweg unmittelbar neben der Fahrbahn haben auch die Radfahrer nach § 1 StVO die Pflicht, einen Sicherheitsabstand gegenüber dessen Benutzern von \emph{mindestens} 80 cm einzuhalten (BGH, DAR 1957, 211). Bei in Längsrichtung parkenden Autos ist laut einer Empfehlung des Bundesministeriums für Verkehr mindestens ein Meter Abstand zu halten, um jegliche Gefährdung durch öffnende Türen auszuschließen. Wenn man jedoch so weit rechts fährt, verleitet man der Erfahrung nach einige Autofahrer dazu, mit geringsten Abständen und bei unverminderter Geschwindigkeit zu überholen. Insbesondere bei Gegenverkehr sind so Abstände von Handbreite leider keine Seltenheit. Wer in so einer Situation als Radfahrer in der Mitte der Fahrspur fährt, verstößt nicht gegen das Rechtsfahrgebot, denn dieses verletzt nur, wer sich \emph{ohne vernünftigen Grund} nicht auf seiner Seite rechts hält. Der Schutz des eigenen Lebens -- und anders ist hier kein Schutz möglich -- ist aber allemal ein vernünftiger Grund.} Mangelnde Kenntnis der StVO und der Bedürfnisse der Fahrradfahrer führen immer wieder dazu, dass Autofahrer dies als Provokation ansehen. \emph{Keinesfalls} haben diese Autofahrer aber »das Recht auf ihrer Seite«, wenn sie Radfahrer nötigen oder gar mit verantwortungslosen Fahrmanövern gefährden! Somit lenkt Oberamtsanwalt Hampe mit seinen Ausführungen nur vom einzigen Thema, um das es hier geht, ab, nämlich die Nötigung und Straßenverkehrsgefährdung seitens --------------.
Am Ende betont Oberamtsanwalt Hampe nochmals, dass die Autofahrer, die mich als Radfahrer nötigen und den Straßenverkehr gefährden -- also Straftaten begehen und Menschenleben gefährden -- »das Recht auf ihrer Seite« hätten. Diese menschenverachtende Einstellung halte ich für unvereinbar mit dem Beruf eines Staatsanwalts.
Ich erwarte, dass dem zweifellos erfolgten Schulterklopf-Brief an -------------- ein korrigierender Brief folgt, der ihn belehrt, dass er eben nicht das Recht auf seiner Seite hat, wenn er andere Verkehrsteilnehmer nötigt und den Straßenverkehr gefährdet. Auch auf § 16 Abs. 1 StVO sollte er explizit hingewiesen werden.
Außerdem kann ich nicht akzeptieren, dass eine Staatsanwaltschaft solche pöbelhaften Schreiben versendet.Meine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Oberamtsanwalt Hampe:
Ich beschwere mich über das Verhalten des Oberamtsanwalts Hampe. In seinem Bescheid über die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu einer Strafanzeige von mir bediente er sich eines unangemessenen Stils und stellte abenteuerliche Mutmaßung über meine Gesetzestreue an, die er in seiner Funktion als Oberamtsanwalt nicht zu äußern hat. Nach der Begründung der Einstellung des Ermittlungsverfahrens, dass mit einer Verurteilung des Beschuldigten nicht zu rechnen ist, weil Aussage gegen Aussage steht, fährt er mit einem oberlehrerhaften Traktat fort, in dem er mich beschuldigt, ein Verkehrsrowdy zu sein.
Abgesehen davon, dass dies eine Unverschämtheit ist, verfehlt er damit das Thema -- nämlich meine Vorwürfe an den Beschuldigten. Am Ende betont er nochmals, dass die Autofahrer, die mich als Radfahrer nötigen und den Straßenverkehr gefährden -- also Straftaten begehen und Menschenleben gefährden -- »das Recht auf ihrer Seite« hätten. Diese menschenverachtende Einstellung halte ich für unvereinbar mit dem Beruf eines Staatsanwalts.
Ich erwarte, dass Oberamtsanwalt Hampe mindestens gerügt wird und er sich bei mir für seine abstruse Rechtsauffassung, für die unangemessene Sprache in seinem Bescheid und die darin enthaltene Mutmaßung über meine Gesetzestreue entschuldigt. Und zumindest für Verkehrsstrafsachen sollte er nicht mehr eingesetzt werden.